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Funktion
des RIAA-Filters
RIAA
Filtertypen
RIAA
Genauigkeit
Klang
Erwartungen
Neumann-Konstante
Wahrheit
oder Märchen?
Bekannterweise wird bei Schallplattenaufnahmen
der Frequenzgang verändert, um gewisse Schwierigkeiten auszugleichen.
Tiefe Frequenzen werden
abgesenkt, da Rillenbreite und Nadelauslenkung sonst überdimensionale
Werte erreichen würden.
Hohe Frequenzen werden
angehoben, da das Signal sonst im Rillen- und Nadelgeräusch und
Verstärkerrauschen untergehen würde.
Die Aufnahme wird nach einer
genau festgelegten Filterkurve "verzerrt" und die Phono-Vorstufe muss ein
möglichst genaues spiegelbildliches Filter aufweisen, um den Frequenzgang
wieder zu entzerren.
Daher spielt das RIAA-Entzerrfilter
die zentrale Rolle in der Schaltung einer Phono-Vorstufe.
Funktion
des RIAA-Filters
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Die
Skizzen sind zum besseren Verständnis nur schematisch dargestellt
Bei der Aufnahme werden
zwei getrennte Filter eingesetzt.
1. Die Höhen
werden mit einer Eckfrequenz von 2122,1285 Hz angehoben. Diese Frequenz
ergibt sich durch die von der RIAA festgelegten Zeitkonstante von 75µs.
2. In einer weiteren
Stufe werden die Tiefen mit einer Eckfrequenz von 500,50200 Hz (318µs)
abgesenkt. Diese Absenkung wird bei 50,050200 Hz (3180µs) gestoppt.
Würde man nicht stoppen, so müsste das Wiedergabefilter bis hinunter
zur Gleichspannung theoretisch unendlich verstärken. Deshalb ist dieser
dritte Pol nötig und genau definiert, damit es beim Wiedergabefilter
wieder eine komplementäre Null ergibt.
< Die beiden Skizzen
zeigen die Frequenzverläufe der beiden Filter, die hier mal einzeln
dargestellt sind.
Erst wenn beide Filter summiert
werden, zeigt sich die bekannte RIAA-Kurve mit einer leichten Welligkeit
im mittleren Bereich (nicht dargestellt).
Es ist deutlich zu erkennen,
dass dieses Filter aus drei definierten Polen (Eckfrequenzen) besteht.
Es ergibt sich eine Pegeldifferenz
zwischen 20Hz und 20kHz von 40dB (100-fach). Bezogen auf die relative Null-dB
Linie spricht man von einer Höhenanhebung von +20dB bei 20kHz und
einer Tiefenabsenkung von -20dB bei 20Hz, während 1kHz unverändert
bleibt (Bezugslinie).
Bei der Wiedergabe muss die Filterkurve ein sogenanntes
Spiegelbild aufweisen. Die dB-Angaben sind nur relaiv zueinder zu verstehen.
Die Praxis sieht anders
aus. Um einen Line-Pegel von ca. 500mV zu erreichen, müssen im RIAA-Verstärker
die einzelnen Frequenzen mit folgenden Faktoren verstärkt werden:
f
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MM-System 5mV/1kHz
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MC-System 0,5mV/1kHz
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20Hz
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0,5mV 1.000-fach (+60dB)
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0,05mV 10.000-fach (+80dB)
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1kHz
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5mV 100-fach (+40dB)
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0,5mV 1.000-fach (+60dB)
|
20kHz
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50mV 10-fach (+20dB)
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5mV 100-fach (+40dB)
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Die relativen
Pegel gemäß der Skizze bleiben bestehen. Es muss immer eine
Amplitudendifferenz von 40dB verarbeitet werden. |
20Hz
Entzerrung nach IEC
Die Kommission hat später
mal vorgeschlagen, bei Wiedergabe eine Absenkung unterhalb 20Hz
(6dB/Okt) vorzunehmen. Das soll eventuelle Rumpelgeräusche besser
unterdrücken. Tatsache ist, dass bei der Wahl eines solchen Eckpunktes
die Kurve bereits bei ca. 100Hz die 0-dB Linie verlässt. Gewaltige
Bassfundamente werden da wohl schon begrenzt.
Manche wenden es an - manche
wenden es nicht an. Bei der heutigen Qualität der Laufwerke erscheint
uns eine Absenkung nur unterhalb 10Hz als sinnvoll, da bei diesen Frequenzen
immer mal sogenannter Infraschall durch Trittschall, Plattenunebenheiten,
Materialresonanzen, usw. auftreten kann. Das muss die nachfolgende Elektronik
zusätzlich zum Signalgemisch verarbeiten, wobei zu bedenken gilt,
dass in diesem Tiefst-Bereich die Verstärkung des Signals 40dB höher
liegt als bei 20kHz. Bei hohen Lautstärken können dann noch zusätzlich
Membran-Übersteuerungen des Tieftöners vorkommen.
In der Praxis genügt
eine leichte Absenkung dieses Infraschallbereiches bei einem -3dB Punkt
bei 10Hz. Das ergibt -10dB bei 5Hz, -0,5dB bei 20Hz und Verlassen der Null-Linie
bei <50Hz. Dadurch bleiben Bassfundamente klanglich so gut wie unberührt. |
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Die Schaltung eines RIAA-Filters
ist nicht festgelegt. Da bleibt viel Spielraum, hauptsache die RIAA-Kurve
wird mit einer Grundgenauigkeit erreicht.
Außer einigen exotischen
Experimenten gibt es drei grundsätzliche Arten von Filtertypen:
1.
Aktiv-Filter
2.
Aktiv/Passiv kombiniert
3.
Passiv-Filter
1. Aktiv-Filter
Die folgenden vier Skizzen
zeigen bekannte Beispiele von reinen aktiven RIAA-Entzerrfiltern. Jedes
dieser Filter wird komplex berechnet. Alle Bauteilwerte beeinflussen
sich gegenseitig, da es keine Bauteile gibt, die definitiv für einen
Frequenzpol bestimmt sind.
Sie sind nur für
MM-Systeme geeignet, da hier ein einziger OP schon bis zu 1000-fach (bei
20Hz) verstärken muss. Soll es für MC-System (10.000-fach)
geeignet sein, muss noch eine lineare Verstärkerstufe von ca. 10-30-fach
vorgeschaltet werden.
OPs für sehr hohe
Verstärkung (Rauschen und Klirr)
Der sogenannte "Very-Low-Noise"
OP LT1028 nähert sich in der Praxis bei Verstärkung 1000 der
0,1% Klirrfaktor Marke.
Weniger Klirrfaktoranstieg
zeigt der AD797 = 0,003%, ist aber immer noch höher, als beim audiophilen
OP LME47920 oder LM4562 (K=0,00003%).
Die Rauschwerte dieses OPs
liegen etwas höher als bei den anderen beiden, liegen aber in einem
Bereich, der nicht nennenswert wahrnehmbar ist (bei MM-Systemen gar nicht),
da bei sehr kleinen Spannungen die Rauschwerte der Preipheriebauteile und
das Widerstandsrauschen des TA-Systems einen immer stärker werdenden
Einfluss haben. Man muss also bei der Wahl der OPs sorgfältig abwägen.
Die superrauscharmen OPs gehören in der Regel weniger zu den audiophilen.
Auch müssen sie mit extrem kleinen Widerstandswerten beschaltet werden,
um die niedrigen Rauschwerte theoretisch zu erreichen, was in der Praxis
nicht immer möglich ist. |
2.
Aktiv/Passiv-Filter kombiniert
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Diese
Skizze zeigt eine Schaltung, die erst die Höhen passiv abgesenkt und
anschließend die Tiefen aktiv anhebt. Jedes Filter kann hier unabhängig
vom anderen berechnet werden. Die Verstärkungsfaktoren können
besser verteilt werden. Für MM-Systeme Stufe 1 = 10-fach, Stufe 2
= 100-fach (20Hz). Für MC-Systeme 2x100-fach. Dadurch arbeiten die
OPs in einem günstigeren Klirrfaktorbereich als die einstufigen aktiven
Filter, da bei vielen OPs der Klirrfaktor bei hoher Verstärkung (>100)
stark zunimmt. Manche befürworten einen Tausch der Filterreihenfolge.
Dazu muss aber eine weitere Pufferstufe folgen, da das passive Filter durch
den Eingangswiderstand eines folgenden Gerätes verändert wird. |
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3.
Passiv-Filter
Wahrscheinlich
aus folgenden drei Gründen werden reine Passiv-Filter von vielen als
audiophil unangreifbar bezeichnet.
1.
Frei von Gegenkopplungsverzerrungen (Keine Signalschleifen mit entsprechenden
Einschwing- und Anstiegszeiten)
2.
So gut wie keine Beeinflussung des Einschwingverhaltens (naturbelassene
Signalverarbeitung, ohne Rückwirkung auf den Eingang)
3.
Wesentlich geringere Verstärkung der OP-Stufen erforderlich (entgegen
anderen Behauptungen !!)
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1-stufiges Passiv-Filter
Das
State of the Art Passiv-Filter seit 1980
Berechnung
sehr komplex. Da jedes der vier Bauteile für jede Eckfrequenz gleichzeitig
zuständig ist, beeinflusst auch jede Toleranz das gesamte Filterdesign.
Daher haben hier Toleranzen einen größeren Einfluss als bei
zweistufigen Filter.
Passive
Filter arbeiten ohne jede Verstärkung und können daher nur absenken.
Eine Tiefenanhebung ist somit nicht möglich. Daher wird die Kurve
zu einer Höhenabsenkung umgedreht. Dann folgt die reguläre Höhenabsenkung.
Die Pegelverhältnisse sehen folgendermaßen aus:
20Hz-Durchlass
= 0dB; 1kHz-Durchlass = -20dB; 20kHz-Durchlass =
-40dB
Das
erfordert eine sehr gute Anpassung an die Verstärkerstufen. |
Übliche Verstärkungswerte
der einzelnen Stufen für ein Optimum an Rauschen
und Übersteuerungsfestigkeit
bei
MM insgesamt 60dB:
Stufe
vor dem Filter ca. 30dB (32-fach) oder etwas mehr;
Stufe
nach dem Filter ca. 30dB (32-fach) oder etwas weniger. |
bei
MC insgesamt 80dB:
Stufe
vor dem Filter ca. 50dB (320-fach) oder etwas mehr;
Stufe
nach dem Filter ca. 30dB (32-fach) oder etwas weinger. |
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Einige behaupten, dass ein
reines Passiv-Filter im Eingang eine sehr hohe Vorratsverstärkung
benötigt. Das ist hiermit widerlegt. Im Gegenteil: In einem reinem
Aktiv-Filter für MM-Systeme wird im Tieftonbereich mind 1.000 fach
(1kHz = 100-fach) verstärkt. Viele OPs haben bei einer solch hohen
Verstärkung einen sehr hohen Klirranstieg. 1-stufige aktive MC-Stufen
(10.000-fach) sind gar nicht mehr sinnvoll oder möglich, daher muss
eine weitere Stufe davor geschaltet werden.
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2-stufiges Passiv-Filter
Eine
Steigerung der Qualität wird durch die Aufteilung in zwei passive
Stufen ermöglicht. Die Vorrausverstärkung kann dank einer Zwischenverstärkung
um 10-20dB gesenkt werden, wodurch viele OPs in einem wesentlich lineareren
Bereich arbeiten.
Rausch-,
klirrmäßig und klanglich ein Vorteil. |
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2-stufiges Passiv-Filter;
echt symmetrisch
Die
ultimative Lösung
Kein
Massebezug. Daher keine Signalstrom über Masse. Wird die Eingangsstufe
zusätzlich mit der Symmetrierfunktion versehen (2.Stufe der Skizze),
arbeiten die RIAA-Filter immer echt symmetrisch und es steht am Ausgang
immer ein echtes symmetrisches Signal zur Verfügung, auch bei unsymmetrischer
Einspeisung. Daher profitieren auch unsymmetrische Eingangssignale von
der vollsymmetrischen audiophilen Signalverarbeitung der RIAA-Filter. Der
Ausgang kann wahlweise symmetrisch oder unsymmetrisch benutzt werden.
Audiophil
wohl unangreifbar |
Bauteiletoleranzen
haben bei diesen zweistufigen Filtern einen geringeren Einfluss auf das
Filterdesign als bei dem oben beschriebenen einstufigen Passivfilter. |
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RIAA
Genauigkeit
Wie genau sollte ein RIAA-Filter
sein?
Dazu darf man auch ruhig
einmal die Frage stellen: Wie genau wird überhaupt eine Platte aufgezeichnet?
Das kann man nicht immer
genau herausbekommen, da das selten dokumentiert wird. Oft wurden fehlerhafte
alte Schaltungen einfach kopiert, oft weil den Entwicklern einfach die
Kenntnis der normgerechten Entzerrung fehlte (und heute noch manchmal fehlt).
Sicher ist jedoch: Eine Aufnahme-Genauigkeit unter 1dB ist seltener als
über 1dB. In ganz frühen Jahren waren schon 3dB ein sehr guter
Wert. Neumann war sehr pingelig und hielt den RIAA-Fehler auf max +/-0,5dB.
Also sollte ein RIAA-Verstärker darunter liegen, damit sich die Abweichungen
nicht zu sehr summieren. 0,5+0,5=1,0dB; 0,5+0,1=0,6dB. (Fehler könnten
sich auch zufällig so summieren, dass sie sich aufheben).
Auch wenn man bedenkt, dass
sich alle Abweichungen des Frequenzganges in der Wiedergabekette summieren
- insbesondere die der Tonabnehmersysteme und der Lautsprecher! - so kann
man beruhigt davon ausgehen, dass eine RIAA-Abweichung von weniger als
0,1dB völlig unnötig ist. Wir halten uns an die 0,05dB Grenze,
um ganz sicher zu sein. Theoretisch wären 0,001 dB mit genauen Messgeräten
und engen Temperaturkoeffizienten machbar, aber man muss vorsichtig sein,
die Thematik nicht auf einen Altar zu heben, was dann zu einer Glaubenslehre
führen könnte. |
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Klang-Erwartungen
Präzision
Sämtliche oben beschriebene
Filtertypen - aktiv oder passiv - können exakt berechnet werden. Verwendet
man entsprechend genaue Bauteilwerte, kann schon mit 1%igen Toleranzen
eine Abweichung von max 0,1dB ereicht werden. Selektiert man Bauteile auf
mindestens vierstellige Genauigkeit, so sind auch 0,01dB kein Problem.
Unter diesen Vorraussetzungen würden sich alle Filter in der RIAA-Genauigkeit
messtechnisch nicht unterscheiden.
Klang
Auch wenn messtechnisch
keine Unterschiede in der Präzision festgestellt werden können,
so zeigen Hörtests eindeutige Unterschiede. Sie sind nicht immer an
bestimmten Messwerten, Schaltungsdetails oder speziellen Bauteilen fest
zu machen. Die Tatsache, dass es Unterschiede gibt, sorgt jedoch dafür,
dass es eine ständige Suche nach den Ursachen gibt. Manches ist klar:
Zu hoher Klirrfaktor oder störendes Rauschen begründen einen
schlechteren Klang. Andere Zusammenhänge schälen sich erst durch
Erfahrungen im Laufe von Jahren oder Jahrzehnten heraus. Unsere ersten
Phonvorstufen für den HiFi-Einsatz wurden bereits Anfang der Siebziger
Jahre entwickelt. Damals in reiner Transistortechnik, rauscharme OPs gab
es noch nicht. Aber auch damit gab es schon Unterschiede in der klanglichen
Wahrnehmung.
Bei der Forschung nach Ursache
und Wirkung können wir somit auf über 40 Jahre Erfahrung in unserem
Spezialgebiet Filtertechnik zurückblicken. Immer wieder haben sich
reine Passiv-Filter als vorteilhaft herausgestellt. Wahrscheinlich gibt
es einen Zusammenhang in der Naturbelassenheit der Signalbearbeitung. Nach
einem passiven Filter behält ein natürlicher Sinus immer seine
exakte natürliche Form. Sie wird nicht durch Gegenkopplungen in einer
Signalschleife vom Ausgang zurück zum Eingang durch Einschwingzeiten,
Anstiegszeiten, usw. verändert. Daher wenden wir in unserem Top-Modul
nie wieder aktive Filter an, zumal rein passive Filter keinen wesentlich
höheren Bauteileaufwand erforden. |
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Andere Experimente
Vereinzelt hört man von
anderen Experimenten und selbstdefinierten Schaltungsbezeichnungen. Teilweise
als völlig neu deklariert, so als wäre noch nie jemand darauf
gekommen. Doch wenn der Verstand gebraucht wird, dürfte jeder in der
Lage sein, unschlüssige Zusammenhänge zu erkennen, oder mindestens
zu hinterfragen.
Ein Beispiel: Wenn
jemand in einer Phonovorstufe - die er als Referenz bezeichnet - einen
Übertrager einsetzt, der in der Regel einen Klirrfaktor von 1% besitzt
bei einer Amplitudenlinearität von +/- 1dB aufweist (ganz seltene
liegen bei 0,1% und 0,5dB), die Phonovorstufe aber gleichzeitig mit einem
Klirrfaktor von unter 0,01% und eine RIAA-Abweichung von 0,1dB angibt,
so muss doch berechtigterweise ein Zweifel aufkommen, bzw. diese Zusammenhänge
sollten mal beim Hersteller hinterfragt werden. |
Die
Neumann-Konstante
Wahrheit
oder Märchen?
siehe
hier
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